Kirchweih

„A guada Kirta dauert bis zum Irda“

Kirchweih: Paar beim bayerischen Volkstanz
Selbstgebackene Auszogne, lustiges Kirtahutschn, der kupplerische Betteltanz und das beschauliche Kirchtasingen: Am dritten Wochenende im Oktober ist Kirchweih, so wie es die Obrigkeit 1866 festgelegt hat. Wir zeigen Ihnen, was hinter dieser Tradition steckt und wie es heute noch im Alpenland gefeiert wird.

 

„A guada Kirta ...

... dauert bis zum Irda“, sagt der Volksmund und meint damit: Eine richtige Kirchweih muss bis in die Morgenstunden des Dienstags (altbayerisch: Irda) nach dem Kirchweihmontag dauern. Ein zünftiges Fest also, das am dritten Wochenende im Oktober gefeiert wird, so hat es die Obrigkeit 1866 festgelegt. Heuer ist das vom 19. bis zum 21. Oktober.

Über lange Zeit veranstaltete jede Kirchengemeinde ihre eigenen Festlichkeiten. Zum einen das Patroziniumsfest, zu Ehren des Namenstags des Kirchenpatrons und zum anderen das Fest zur Gründung und Weihe der örtlichen Kirche. So wurden das ganze Jahr über Feiern veranstaltet, denn irgendwo war immer Kirchweih.

Das war der Obrigkeit allmählich zu viel Gaudi, sodass sie die Dorfkirchweih abschaffte und einen zentralen Termin, den dritten Sonntag im Oktober, für die Allerweltskirta festlegte. Denn bis dahin war in der Regel die Ernte eingebracht, sodass auch die Knechte und Mägde ausgiebig mitfeiern konnten.

 

Gänsebraten und Kirchweihnudeln, mmh!

Kirchweih: Fertige mit Puderzucker bestäubte Auszogne auf einem Holzbrett

In früheren Zeiten war Kirchweih zusammen mit Erntedank vor allem im ländlichen Raum eines der wichtigsten und ausladendsten Feste im Jahr – sozusagen das zentrale Herbstfest nach der Ernte. Ein Ausgleich für die schwere Arbeit auf dem Feld.

Und da ließen es sich die Menschen gut gehen. Das Essen zu Kirchweih war dementsprechend üppig, die Stimmung mit Musik und Tanz ausgelassen. In vielen Gemeinden auf dem Land ist das Fest auch heute noch immer ein wichtiger Bestandteil des Brauchtums.

Neben den typischen Spezialitäten wie Enten- oder Gänsebraten mit Knödel und Blaukraut gab es in heißem Schmalz herausgebackene Kirchweihnudeln, die auch heute noch gern an Kirchweih gegessen werden. In Oberbayern sind sie bekannt als Auszogne, in Tirol heißen sie Kiachl und im Rest von Österreich Bauernkrapfen. Egal, wie das Gebäck genannt wird: Sie sind eine süß-schmalzige Versuchung, die Sie unbedingt probieren sollten!

 

Hui, was für eine Gaudi!

Zu den Festlichkeiten rund um Kirchweih gehört neben Musik, Tanz und deftigem Essen auch die fast in Vergessenheit geratene Kirtahutschn, die besonders in Oberbayern noch bekannt und bei Kindern sehr beliebt ist.

Die große Längsschaukel besteht aus einem drei bis fünf Meter langen Holzbrett, das mit zwei dicken Seilen oder Ketten an den Scheunenbalken eines Stadels befestigt wird. Nur anlässlich des Kirchweih-Wochenendes hat man sie früher aufgebaut. Ursprünglich übrigens nicht nur für Kinder gedacht, sondern vor allem für die Erwachsenen. Bis zu 10 Personen finden Platz auf so einer Hutschn. Das war und ist auch heute noch eine wahre Gaudi!

Zur Stärkung der Besucher nach dem Hutschn gibt es auch hier meist das traditionelle Kirchweih-Essen, wie Gänse- oder Entenbraten mit Blaukraut und Knödeln und zur Nachspeise Schmalzgebäck und andere Schmankerl zu kaufen.

Hier gibt's einen kleinen Vorgeschmack:


In Arget bei München können Sie sich am Kirchweih-Sonntag ab 11 Uhr im Humpl-Stadl auf die Kirtahutschn schwingen. Die Argeter Blaskapelle sorgt für zünftige Stimmung und es gibt frische Kirtanudeln.

 

Kirta, Kilbi, Kirschta?

Wie sagt man denn eigentlich bei Ihnen zuhause zu Kirchweih? Kirta, Kirtag oder vielleicht Chilbi? Je nach Region wird dieser Festtag nämlich ganz unterschiedlich genannt.

In Oberbayern sprechen die Menschen von der Kirta, in Österreich ist es der Kirtag oder die Kirda, speziell in Vorarlberg sagt man Kilbi, in Südtirol wird vom Kirchtag oder Kirschta gesprochen und in der Schweiz wird sie Chilbi genannt.

Hoch droben am Baum

In Südtirol wacht der Kirta-Michl oder Kirchtamichl, eine lebensgroße Strohpuppe, über das fröhliche Kirchweihtreiben am Dorfplatz. Die Puppe hängt hoch oben an der Spitze eines langen Baumstammes und ist in der traditionellen Tracht des Ortes gekleidet.

Der Brauch ähnelt denen des Maibaum-Aufstellens. So gab es beim Kirta-Michl früher die weit verbreitete Tradition, die Puppe der Nachbargemeinde zu stehlen, um Bier und eine gute Brotzeit als Auslöse herauszuschlagen. Heutzutage wird dieser Teil des Brauches kaum mehr praktiziert. Der Kirchtamichl ist meist bloß noch ein Symbol für das Kirchweihfest. Nach den Festlichkeiten wird die Puppe oft versteigert und der Erlös für gemeinnützige Zwecke gespendet.

Die Singlebörse von früher

Betteltanz in Raisting am Kirchweihmontag: Paar beim bayerischen Volkstanz

Ums Verkuppeln geht's beim Betteltanz in Raisting am Ammersee. Feste waren früher für die Dorfbevölkerung auch immer beliebte Heiratsmärkte, auf denen man den zukünftigen Partner ausspähen konnte, ohne gegen die strenge dörfliche Moral zu verstoßen. Diese Tradition lebt beim Betteltanz auch heute noch weiter.

Etwa zwei Monate vor dem Kirchweihwochenende werden zwei ledige Ruatenbuam ausgewählt, die sich unter den Dorfmädchen je ein Ruatenmadl aussuchen. Benannt sind die Ruatenbuam nach der mit Blumen und Bändern geschmückten Rute, die sie am Tag des Betteltanzes bei sich tragen.

Wochenlang „betteln“ die beiden Ruatenpaare dann die ledigen Burschen und Dirndln im heiratsfähigen Alter zum Tanz. Wen sie dann mit wem zum Betteltanz verkuppeln, wird streng geheimgehalten. Erst bei der „Verpaarung“ am Kirchweihmontag, wenn die Ruatenbuam die Namen der Tänzer und Tänzerinnen vorlesen, die für diesen Nachmittag ein Paar sind, wird das Geheimnis gelüftet. Den genauen Ablauf zum bayerischen Kuppelbrauch zu Kirchweih gibt's bei der AmmerseeRegion eG.

 

Mit Fackeln und Gesang

Kirchweih: Männer mit Falken stehen bei Dunkelheit im Kreis

Ernst und beschaulich geht es dagegen beim traditionellen Kirchtasingen in Unterammergau zu. Mit dieser Veranstaltung erinnern die Unterammergauer an die zwei großen Dorfbrände im Jahr 1777 und 1836, bei denen große Teile des Ortes beschädigt wurden.

Etwa 30 Sänger ziehen am Abend des Kirchweihsamstags (dieses Jahr am 19. Oktober) ab 20 Uhr mit Fackeln und Gesang durch den Ort. An neun Stationen halten sie an und erinnern mit ihren Liedern die Zuhörer, immer vorsichtig mit dem Feuer umzugehen. Nach etwa 2 Stunden endet das Kirchtasingen vor der Pfarrkirche.

Treffpunkt:
Schillingpaula Haus
Dorfstr. 2
D-82497 Unterammergau
Weitere Informationen gibt's bei der Tourist Info Unterammergau.